In den letzten Wochen habe ich das neue Buch von Bernhard Firgau gelesen. Der Titel „Schicksalsgefährten und ihr Sonnengeheimnis“ hört sich spannend an und ich möchte gleich vorab sagen, dass ich das Buch all jenen ans Herz legen möchte, die sich fragen, was Schicksal eigentlich ist?

Schicksalsgefährten und ihr Sonnengeheimnis

Schicksal ist ja nun etwas, das der moderne und aufgeklärte Mensch nicht mag. Das Schicksal hat ein ganz schlechtes Image, denn Schicksal bedeutet, dass mir etwas vorherbestimmt ist, etwas, das ich mit meinem Willen nicht beeinflussen kann. Schicksal beinhaltet, dass es Zufälle (oder göttliche Mächte) gibt, die größer und mächtiger als mein Ego sind. Welch eine Beleidigung für den Homo sapiens.

Hinzu kommt, dass Schicksal häufig mit Fatalismus gleichgesetzt wird. Und Fatalismus bedeutet für die meisten, sich selbst aufgeben und Verantwortung abgeben, weil ich sowieso nichts ändern kann.

Doch das „Amor fati“ der Römer oder die Schicksalsgöttinnen schließen gar nicht aus, dass jeder Mensch die Möglichkeit hat, sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und zu meistern. Vielmehr sind die Moiren ganz realistisch. Sie zeigen, dass unsere Möglichkeiten begrenzt sind und weisen dezent darauf hin, dass wir Menschen nicht allmächtig sind.

Die Darstellung der Tarotkarte 10 im delphischen Tarot veranschaulicht, wie das Schicksal in Gestalt der drei griechischen Göttinnen, eben der Moiren, arbeitet. Klotho spinnt den Lebensfaden, Lachesis misst ihn und Atropos schneidet ihn ab. Diese Karte heißt üblicherweise das Glücksrad, in einigen Tarotspielen auch Rad des Schicksals.

Die Menschen erleben Höhen und Tiefen und sie erscheinen vergleichsweise klein im Vergleich zu den drei mächtigen Moiren, die übrigens Töchter des obersten Gottes Zeus sind und deren Urteil sich sogar Zeus-Jupiter zu fügen hatte. Als Glücksrad wird die Karte Nummer 10 häufig dem Jupiterprinzip zugeordnet. Welch ein neuer (alter) Blick auf das Glück, das doch alle suchen.

Die griechischen Moiren

Doch zurück zum Schicksal. Eine Bedeutung dieser Karte liegt darin, zu verstehen, dass wir nicht alles im Griff haben, nicht alles kontrollieren können und müssen. Und diese Einsicht kann durchaus entlastend wirken. Sie fordert zudem auf, anderen zu vertrauen und Vertrauen in ein größeres Ganzes zu entwickeln.

Die Darstellung im delphischen Tarot illustriert auch, dass viele Motive, die mein Leben bestimmen, im Verborgenen bleiben. Man kann es moderner formulieren: Das Unbewusste ist machtvoll – und weiblich! Vor allem aber erscheint das Schicksal zwar als rätselhaft, jedoch nicht als unlogisch. Das Rad dreht sich, mal bin ich ganz oben und dann wieder am tiefsten Punkt.

Die Rätsel des Lebens und vor allem die Rätsel des Schicksals zu ergründen, ist eine der zentralen Aufgaben von Astrologie. Der Schlüssel zum Verständnis ist die Zeitqualität. Wer sie zu deuten weiß, bekommt eine Ahnung von den Kräften, die in uns wirken und mit denen wir, bewusst oder unbewusst, unser Schicksal formen und gestalten. Dennoch bleibt immer ein Rest im Dunklen.

Hier kommt das Buch von Bernhard Firgau ins Spiel. Bernhard untersucht in seinem neuen Buch rund 30 Ereignisse, viele Unglücksfälle sind darunter und mit Hilfe von Multicombinen versucht er, herauszufinden, was Menschen verbindet, die ein gemeinsames Schicksal erleben oder erleiden. In meiner Rezension für den nächsten Meridian habe ich seine Methode und die Ergebnisse seiner Untersuchung genauer beschrieben.

Fast noch spannender aber finde ich seine Reflexionen zu diesen Ergebnissen. Sie kreisen zum einen um die uralte Frage, was Schicksal ist, bringen aber einen neuen Aspekt mit ins Spiel, nämlich das Verbunden-Sein mit anderen Menschen. So schreibt er auf Seite 93: „Die Vorstellung, der Mensch verantworte seinen Lebenslauf ganz alleine, habe ich angesichts dieser Fälle und Überlegungen über Bord geworfen.“

Die Schlussfolgerung, dass wir alle eingebunden und verbunden sind, ja, dass wir uns, vielleicht mehr als uns lieb ist, einfügen müssen, in eine Gruppe und in ein größeres Ganzes, hat mir gut gefallen. Ich möchte ergänzend hinzufügen, dass die Beschäftigung mit der Frage nach dem Schicksal, vor allem die Auseinandersetzung mit den antiken Philosophen und Mythen, vor den Gefahren der Hybris schützen kann.

Im alten Griechenland waren es die Götter, die ihre Helden bestraften, wenn sie zu überheblich wurden und vergaßen, dass sie Menschen – und keine Götter sind. Heute scheint es mir fast so, als würden sich die Menschen selbst dafür bestrafen, dass sie ohne Rücksicht auf Verluste alles für machbar halten.

Die Hybris des Astrologen, also die Anmaßung zu glauben, man könne mit seiner astrologischen Deutungskompetenz dem lieben Gott in die Karten gucken, ist ein anderes Thema, über dass ich hier demnächst ausführlicher schreiben werde. Vorab schon einmal die Ankündigung eines Workshops beim nächsten DAV-Astrologiekongress im Oktober 2016. Der Titel lautet: Zwischen Himmel und Hölle – Das Ego des Astrologen in der Beratung.

Bildquelle: Die Tarotkarte ist dem delphischen Tarot entnommen.